Turmfalken von Pohlheim zeigen Familiensinn
von Steffen Kossatz

Die Story beginnt Mitte Mai mit einem unspektakulären Bild… möchte man meinen. Aber so uninteressant das Bild auch scheinen mag, es ist der Beginn der Geschichte einer wundervollen Turmfalken- Familie. Pssst, hier zu sehen sind die Schwanzfedern des brütenden Weibchens, welches 3 Eier unter sich beherbergt.
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Das Männchen hingegen sitzt auf seinem Beobachtungsposten, einem Strommast, der ca. 20m vom Nistkasten entfernt steht. Er legt sich das Gefieder zurecht und mustert mich kurz. Es scheint als wolle er mir sagen: „Schaue zu wie ein Falke jagt, und lerne.“ Lautlos hebt er ab, dreht eine kurze Runde um die Lage zu checken, und bleibt dann auf der Stelle flatternd in der Luft stehen. Das ist der sogenannte Rüttelflug, mit dem ein Turmfalke jagt. Er sucht dabei den Boden nach seiner Lieblingsspeise ab, den Mäusen. Ist keine zu sehen fliegt er ein Stück weiter. „Mein“ Falke wurde bald fündig, stieß pfeilschnell hinab, schnappte sich seine Beute und landete wieder auf dem Strommast. Er schaute kurz zu mir rüber: „Siehst du, so geht das.“ Und ließ es sich schmecken.
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Bei Turmfalken brütet ausschließlich das Weibchen, mit einer Ausnahme: Er übernimmt das brüten in den Zeiten, zu denen das Weibchen für sich selbst jagt, dann wird wieder gewechselt. Ein solcher Wechsel findet hier gerade statt. Mit Rufen kündigt sie ihre Jagdrückkehr an, er kommt vom Nistkasten zum Aussichtspunkt geflogen, an dem sie sich kurz treffen und mit gurrenden Lauten begrüßen, und sie fliegt wieder zum Nistkasten, um das weitere Brüten zu übernehmen. Er bleibt auf seinem Aussichtspunkt zurück.
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Inzwischen sind die Jungen geschlüpft und die frisch gebackenen Eltern haben alle „Hände“ voll zu tun, die hungrigen Küken zu versorgen. Bei Turmfalken herrscht dabei Arbeitsteilung. Er jagt und sie füttert. Der Strommast dient als Futter- Übergabepunkt. Hier ist zu sehen, wie sie ihm die mitgebrachte Maus regelrecht aus dem Schnabel reißt, um sie unverzüglich den Jungen zu bringen.
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Es herrscht Hochbetrieb am Falkennistkasten. Männchen und Weibchen sind in vollem Einsatz für die Kleinen, die schon mal einen Blick in die große weite Welt riskieren, die sie bald erobern werden.
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Auf den nächsten Bildern ist zu sehen, wie rasant sich die Jungen entwickeln. Innerhalb einer Woche werden aus den kleinen Flauschbällchen kleine Turmfalken mit Gefieder, an dem nur noch ein paar Flaumfederreste an die Kükenzeit erinnern. Sie wagen sich auch schon bis auf die Kante des Nistkastens vor.
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Als nächstes folgen die ersten Flugversuche und ein erster Ausflug in den Baum, in dem sich der Nistkasten befindet. Es sieht zunächst recht lustig und tollpatschig aus, wie sie zwischen dem Geäst umher flattern und klettern. Hier versucht einer, aus der Gefangenschaft des Baumes wieder zum schützenden Brutkasten zu gelangen. Uff, beim x-ten Anlauf gelungen.
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Die 3 Jungfalken können nun schon fliegen und versammeln sich zum Frühstück auf dem Dach ihres Nistkastens. Mama bringt das Essen und hilft füttern, wo es von selbst noch nicht richtig klappt. Anschließend schwirrt sie ab auf einen Nachbarbaum, um von dort das Treiben der Kleinen zu beobachten.
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Eine wunderbare Story geht zu Ende, das Leben aber geht weiter.
Es war mir eine Ehre ca. 1,5 Monate lang bei einer Turmfalkenfamilie dabei gewesen sein zu dürfen, zu beobachten und zu fotodokumentieren, wie die Eltern ihre Brut pflegen, sich die Arbeit dabei teilen, die Küken hegen, pflegen und mit Nahrung versorgen, und wie die Kleinen zu jungen und stolzen Turmfalken heranwachsen.
Manchmal musste ich eine ganze Weile warten, bis das Männchen mit einer Maus in den Fängen kam, um sie seiner Partnerin zu übergeben, die sie sofort den hungrigen Kleinen brachte. Sein unverkennbarer Ruf kündigte ihn jedes mal an und mein Warten wurde belohnt.
Ich war erstaunt, wie sie mich mit meiner Kamera offensichtlich in ihrer Nähe duldeten. Hin und wieder spürte ich einen prüfenden Blick der Eltern, um dann aber mit der Gewissheit, daß von mir keine Gefahr ausgeht, ihrem Tun weiter nachzugehen.
Nun sind die “Kleinen” groß und flügge und üben fleißig fliegen und jagen. Sie werden in der nächsten Zeit noch sehr viel von ihren Eltern lernen, um dann irgendwann selbst ihre Familien zu gründen.
Auf den letzten 3 Bildern scheint eines der Jungen sich noch einmal zu mir umzudrehen und lebewohl zu sagen, um in seine grenzenlose Freiheit Richtung Abendrot durchzustarten.
Ich werde hin und wieder mal ranfahren und schauen, was sie so treiben.
Tiere in ihrer natürlichen und freiheitlichen Umgebung zu beobachten ist durch nichts zu ersetzen. Wer mal die Zeit vergessen und “runterkommen” will – ein Gang in die Natur und beobachten dieser ist die beste Medizin.


Steffen Kossatz: Dass sich Einflüsse durch die sozialen Medien wie Google, YouTube und Fotogruppen auch sehr positiv auswirken können beweist der „Hobby“-Fotograf Steffen Kossatz immer wieder. Der 55 jährige holte sich, nach eigener Aussage, Inspiration und Know how unter anderem dort und natürlich auch durch „Learning by Doing“.

Bereits in der Jugend fotografierte er seine Umwelt mit einer analogen Spiegelreflex-Kamera, aber vor einigen Jahren hat er das eingeschlafene Hobby wieder entdeckt. Landschaftsaufnahmen und Naturfotografie gehören zu seinen Lieblingsmotiven. Beeindruckend auch seine Aufnahmen von fernen Galaxien.Der hessische Rundfunk brachte vor kurzem einen Beitrag und stellt die Arbeiten vor (“Faible für den Weltraum“)
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