Kunstrasen – teuer, aber beständig?

Was sagt Bergheim?

In fast allen Gemeinden des Erftkreises sind die Sportanlagen in die Jahre gekommen. Ascheplätzen verrotten, alte Rasenplätze müssten in Stand gesetzt werden und kaum ein Thema wird so heiß diskutiert wie der Umstieg von Naturrasen auf Kunstrasenplatz.

So wurde im letzten September (2018) in Niederaußem im Erftstolz-Stadion ein neuer Kunstrasenplatz eröffnet, Kosten rund 600 Tsd Euro.

Böse Zungen behaupteten dass aus diesem Grund kein Geld mehr vorhanden sei um den Rasenplatz in Oberaußem in Stand zu halten, bzw. zu ersetzen.

Hauptargument für neue Rasenplätze: Ist billiger als Naturrasen und hält länger.

Stimmt diese Aussage wirklich?Burkhard Thom war unterwegs und Martina Bernhardt  hat mit ihm gesprochen, hier finden Sie den kompletten Beitrag(Welle Rhein Erft):

M: Ist es tatsächlich so

B: Nein, das ist keinesfalls so. Ich verstehe auch die Argumente der Kunstrasenbeführworter nicht.

Die Baukosten eines Naturrasenplatzes liegen bei rund 200.00 Tsd Euro, während ein Kunstrasen rund 450 -500 Tsd Euro kostet.

Hinzu gerechnet werden müssen aber –die Erneuerung der Oberschicht bei Kunstrasen in Höhe von rund 200-250 Tsd Euro(spätestens nach 10-12 Jahren) und die Entsorgungskosten, wenn der Kunstrasen verschlissen ist. Das bedeutet noch einmal rund 20.000 Euro.

M: Das bedeutet ein Unterschied von 200 Tsd Euro für einen Naturrasenplatz und 1 Million  für einen Platz mit Kunstrasen.

Aber dafür entfällt ja beim Kunstrasen die Pflege, oder?

B: Dem ist leider nicht so, die Pflegekosten für beide Plätze sind nahezu gleich.

Kunstrasenplatz im Lukas-Podolski-Sportpark

Während beim Naturrasen die üblichen Instandhaltungskosten wie Mähen, Düngen, Wässern, Vertikutieren oder Besanden anstehen, stehen beim Kunstrasen andere Kosten im Vordergrund. Hier gehören insbesondere das „Abschleppen(Bürsten) und das Absaugen der Fläche zu den Kostentreibern. Insgesamt liegen die Kosten (geschätzt) bei 32.000 Euro für den Kunstrasenplatz und bei rund 35.000 Euro für den Rasenplatz.

Würde man die Kosten, ich habe das mal berechnen lassen auf 25 Jahre berechnen und legt einfachste Maßstäbe an, dann liegt ein Rasenplatz incl. aller Kosten bei rund 1 Million, während ein Kunstrasenplatz in der gleichen  Zeit rund 1,7 Millionen verschlingt. Oder besser ausgedrückt:

Bei genügend Platz kann man für einen Kunstrasenplatz auch zwei Naturplätze bauen und erhalten.

M: Hast Du auch Argumente die für einen Kunstrasenplatz sprechen?

Klar der Kunstrasenplatz kann quasi ganzjährig genutzt werden, denn er hat immer die gleichen Bedingungen. Wetterunabhängig, bei einem geringen Pflegeaufwand. Man darf aber auch hier die negativen  Punkte wie das Entsorgungsproblem, die geringe Haltbarkeit  und vor allem die höhere Verletzungsgefahr nicht vergessen. Ganz zu Schweige die Brennbarkeit, denn oft kommt es zu Vandalismus und Beschädigung.

M: Welche Vorzüge hat denn, Deiner Meinung nach, der Naturrasen?

Sattes Grün im Sportpark

B: Ich muss gestehen ich bin ein Freund des Naturrasens, deshalb klingt es wahrscheinlich auch etwas pathetisch wenn ich sage: Kunstrasen ist wie ein toter Teppich, er ist nicht so lebendig wie ein natürlicher Rasen. Lebende Gräser regen die Sinne an, hier passieren kaum Verletzungen. Er beeinflusst unsere Umwelt in direkter Form, er produziert Sauerstoff und wirkt klimaregulierend. Er bildet eine uneingeschränkte Haltbarkeit, reguliert den Wasserhaushalt, verbessert die Luftqualität, es ist einfach schöner auf einem Rasenplatz zu laufen.

Um einen fairen Abschluss zu finden, der einzige wirkliche Vorteil eines Kunstrasenplatzes ist höhere Nutzungsbereitschaft.

Die maximale Auslastung für einen Naturrasen liegt (laut Din-Aufbau) bei ca. 1000 Stunden während der Kunstrasen auf rund 1500 Stunden kommt.

Viele Befürworter der Kunstrasenplätze rechnen sich aber auch diese Zahlen noch schöner. Sie gehen von bis zu 2000 Stunden pro Jahr aus, die gelingt aber (fast) nie und der Verschleiß des Platzes ist entsprechend größer.

M: Was würdest Du den Gemeinden empfehlen?

B: Klar und eindeutig, weg vom Kunstrasenplatz und hin zum ökologisch sinnvollen Naturrasenplatz, für mich die eindeutig bessere Alternative.

Kunstrasen – des Fußballers liebster Boden?

Noch einmal zurück zu den Fußball-Stadien in der Region.Die Praktiker, also Spieler und Trainer haben oft ein anderes Empfinden von dieser Situation. Martina sprach im Studio mit Frank Bröcking (Torwart-Trainer beim HORREMER SPORTVEREIN 1919 E.V. ), er sagte dazu das Folgende:

Frank Bröking live im Studio der Welle-Rhein-Erft

Kunstrasenplatz in Horrem
Kunstrasenplatz in Horrem

Kunstrasen – was sagt Bergheim?

Die Stadt Bergheim rüstet derzeit diverse Plätze auf Kunstrasen um.Wie aber steht die Stadt selbst zu der inzwischen doch ziemlich unübersichtlichen Situation? Martina Bernhardt hat schriftlich nachgefragt und die folgende Antwort erhalten. Hier klicken zum Nachhören.

Basis für die Entscheidung für Kunstrasenplätze in Bergheim war und ist der Sportstättenentwicklungsplan. Dieser wurde in den Jahren 2010/2011 durch die Deutsche Sporthochschule in Köln erstellt. Hierbei wurde insbesondere der Zustand der Sportplätze dem Bedarf im jeweiligen Stadtteil gegenüber gestellt. Den gesamten Sportstättenentwicklungsplan können Sie auch unter 

https://www.bergheim.de/sport.aspx einsehen.

 Wie Sie richtigerweise anführen, ist ein Kunstrasenplatz – insbesondere beim Bau – teurer als ein Naturrasenplatz. Vorliegend sind neben den wirtschaftlichen aber auch weitere Faktoren in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Auch auf Grundlage der Handlungsempfehlung (8.6) des o.g. Sportstättenentwicklungsplans bemisst die Kreisstadt Bergheim dem Faktor der sogenannten „sozialen Resonanz“ eine sehr hohe Bedeutung zu. Fragt man Fußballer, auf welchem Belag sie denn spielen möchten, so ist der Kunstrasen im Jugend- und Seniorenbereich bei allen Geschlechtern bei weitem der beliebteste. Dies wird dadurch bestätigt, dass bisher alle Bergheimer Vereine, die eine Anlage mit Kunstrasenplatz/-plätzen nutzen nach deren Fertigstellung einen starken Anstieg bei den Mitgliederzahlen verspürten. Dass bereits im Jahr der Fertigstellung zwei oder drei neue Jugendmannschaften angemeldet wurden, war und ist keine Seltenheit.

 Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Kunstrasenplatz außer bei Schnee und Frost bei nahezu jeder Witterung bespielt werden kann und somit eine Planungssicherheit im Trainings- und Spielbetrieb liefert. Ein Kunstrasenplatz festigt also nachhaltig die Existenz eines Vereins. Dadurch, dass dem Wunsch der Vereine so entsprochen wurde, konnte auch die ohnehin schon gute Zusammenarbeit mit den Vereinen in Bergheim noch weiter verbessert werden. Bis auf den Lukas-Podolski-Sportpark wurden bereits alle städtischen Sportanlagen in der Pflege und Unterhaltung per Vertrag an die Nutzervereine übertragen.

 Hierdurch wurden nicht nur Synergien geschaffen und die angesprochenen Kosten für die Verwaltung reduziert. (Vereine können durch ehrenamtliches Engagement viele Leistungen günstiger erbringen als die Stadt.) Vor allen Dingen wurde auch die Identifikation des Vereins und der einzelnen Mitglieder mit der jeweiligen Sportanlage gestärkt. Zwar ist jedem bewusst, dass diese nach wie vor der Stadt gehört, dennoch entsteht das Gefühl, dass es sich um „unsere Sportanlage“ handelt, was natürlich den Zustand der Anlage nachhaltig verbessert.

 Unabhängig davon ist aber keine komplette Abkehr vom Naturrasen geplant. Die Sportanlagen die über zwei oder mehr Fußballplätze (Großspielfelder) verfügen (Erftstolzstadion in Niederaußem, Jahnstadion in Quadrath-Ichendorf, Lukas-Podolski-Sportpark in Zieverich), haben weiterhin einen Naturrasenplatz in den jeweils auch weiterhin investiert werden soll, damit die Kreisstadt Bergheim und die Vereine auch in Zukunft breit aufgestellt sind.

 Nachfolgend möchte ich noch Ihre Detailfragen beantworten:

 Welches Granulat wird bei den aktuell eingerichteten Kunstrasenplätzen verwendet?

Bei den seit 2017 gebauten Sportplätzen verwendet die Kreisstadt Bergheim ausschließlich Korkgranulat und keine Gummigranulate mehr. Dies ist auch für künftige Kunstrasenplätze vorgesehen.
Sollen weitere Fußballplätze im Stadtgebiet mit Kunstrasen ausgestattet werden? Wenn ja, welche? Ja. Aktuell laufen die Planungen für die Umwandlung des alten Tennenplatzes im Lukas-Podolski-Sportpark. Dieser wurde in den letzten Jahren im Spielbetrieb überhaupt nicht mehr und im Training nur bei Sperrung des Naturrasenplatzes genutzt. Parallel wird dort der Neubau eines Sportlerheims und ein Umzug des Frauen- und Mädchenfußballclubs FFC Bergheim von der alten Sportanlage im Stadtteil Kenten in den Lukas-Podolski-Sportpark geplant. Die Ausschreibung soll noch im Jahr 2019 erfolgen.

Im Auftrag

Sebastian Stotzem

 Kreisstadt Bergheim – Der Bürgermeister

Fachbereich 3: Zentraler Service

Abteilung 3.5 – Sport, Kultur und Bäder

Abteilungsleiter

Ich stelle mir die Frage: Rechtfertigt das die extrem hohen Kosten eines Kunstrasenplatzes im Vergleich zu einem Natur-Rasenplatz? Mitberücksichtigen sollten wir auch die Aussage dass eine höhere Nutzungsdauer erreicht wird. Vereine spielen in der Regel von 17:00 – 22 Uhr, bedeutet, bei Abzug von Sommer- und Winterpausen 1200 – 1400 Spielstunden im Jahr. Wenn behauptet wird das auf Kunstrasen rund 2000 Stunden erreicht werden können, dann stellt sich die Frage geht das überhaupt?

Ja und man muss natürlich auch sagen: Die Stadt Bergheim spricht von steigenden Mitgliederzahlen und neuen Jugendmannschaft, aber kommen die nicht vielleicht genau aus den Vereinen und Ortschaften bei denen das Geld zur Erhaltung der alten Plätze nicht mehr ausreicht weil das Geld in die teuren Kunstrasenplätze fließt?

Ja, alles nicht so ganz einfach – Vereine und Städte sollten vielleicht doch noch einmal über Kunst und Natur-Rasenplätze gründlicher nachdenken, zumal die Umweltverträglichkeit von Kunstrasenplätzen mehr als umstritten ist.

Ein  Hinweis  der Stadt Bergheim darf  in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben: Bei den seit 2017 gebauten Sportplätzen, verwendet die Kreisstadt Bergheim ausschließlich Korkgranulat und keine Gummigranulaten mehr. Was ist mit den Plätzen die davor fertig wurden?

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